Eltern auf Autopilot

Eltern auf Autopilot

Heute vor drei Monaten kam unser Sohn zur Welt. Ich möchte das zum Anlass nehmen über die vergangene Zeit nachzudenken und vielleicht nichts zu beschönigen.

Es ist definitiv eine Herausforderung drei Kinder innerhalb von viereinhalb Jahren zu bekommen. Seit fünf Jahren bin ich damit beschäftigt jemanden täglich erst in meinem Bauch herumzutragen, dann größtenteils auf den Armen, stillend und umsorgend. Das ist nicht nur körperlich anstrengend, sondern auch mental, da erstmal sämtliche Wünsche meinerseits zurückgestellt werden müssen. Dieser Zustand wird jetzt noch mindestens ein Jahr anhalten, dann werde ich wahrscheinlich Licht am Ende des Tunnels sehen und anfangen können etwas zu tun was nur ich möchte.

Schnell merkt man, dass es ein paar Dinge gibt, die auch eine aufopferungsvolle Mutter tun muss, um schlicht und ergreifend zu überleben. Mit Neugeborenem scheinbar unmöglich, aber dennoch machbar, muss man mindestens regelmäßig aufs Klo und etwas Essen. Mir ist es nicht selten passiert, dass ich mit der Kleidung eingeschlief und am nächsten Tag einfach so geblieben bin, weil keine Gelegenheit zum wechseln war. Duschen ist ein Luxus, der wenn dann in etwa 50 Sekunden genossen werden muss.

Natürlich kann man seine Kinder auch hinten anstellen und mehr auf sich achten, aber das ist mir bis jetzt bei keinem der drei Kinder nach der Geburt gelungen. Das kleine Würmchen hat mich voll im Griff, es weinen zu lassen ist mir unmöglich.
So kommt es, dass wir zwar ständig zu zweit sind, aber ohne Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen, bis an unsere Grenzen gehen. In den letzten zwei Monaten hatten wir zweimal das Vergnügen erkältet zu sein, was dazu führt dass die elterlichen Nerven blank liegen und die Kinder nur am jammern sind wenn sie nicht lethargisch auf dem Sofa liegen (was in dem Fall der bevorzugte Zustand ist). Jeder weiß dass soetwas relativ schnell vorbei geht, steckt man aber mitten drin scheint es von nun an so zu bleiben, die Hölle auf Erden.
Ich gebe zu, dass wir in dem Fall dann den Fernseher laufen lassen, um irgendwie zur Ruhe kommen zu können, denn zum Glück hat es den Kindern gereicht ohne Ton zu schauen.

Eine Beziehung führen wir als Eltern in dieser Zeit eigentlich nur noch auf dem Papier, ein privates Wort zu wechseln kam in den letzten Wochen selten vor. Natürlich reden wir miteinander, aber immer sind die Kinder dabei und wollen ihrerseits wichtige Dinge mitteilen, brauchen ständig etwas oder sind einfach zu laut. Davon, dass alle um 19h schlafen und wir dann noch einen gemütlichen Abend auf dem Sofa zu zweit verbringen, träumen wir höchstens. Sobald eines der Kinder schläft, legt sich der erste dazu um fit zu sein wenn eben jenes Kind ausgeschlafen ist. Der andere geht schlafen wenn der ganze Rest auch schläft. Die Möglichkeit dann endlich mal die Wohnung aufzuräumen und die Küche zu machen nehme ich nicht sehr oft wahr, der Schlaf hat in dem Fall Vorrang. Nur wenn es mich zu sehr nervt und ich es nicht mehr sehen kann, reiße ich mich nochmal zusammen und stelle eine wohltuende Ordnung her. Unsere große Tochter sagte neulich morgens nach dem Aufstehen: „Das sieht aber schön aus hier. Hat jemand Geburtstag?“

Bei einer Papier-Ehe ist die Gefahr natürlich nicht besonders groß, aber dennoch lässt der Gedanke an eine eventuelle vierte Schwangerschaft einen in Angstschweiß ausbrechen. Um meine Freundin Anna zu zitieren „ich wollte auch nur drei Kinder, und dann kamen die Zwillinge“ (Nummer vier und fünf), das sollte man definitiv ernst nehmen.

Ich denke der Elternjob ist wirklich hart, und dabei ist es egal ob man Vollzeit für die Kinder da ist, oder sich um sie kümmert nachdem sie in der Kita waren (denn in der Regel hat man in der Zeit ja auch gearbeitet). Es gibt keine Gewerkschaft die für die Arbeitsbedingungen kämpft oder bessere Bezahlung. Von den Kindern wird man ständig gemobbt, sämtliche Essensbestellungen werden dreimal geändert, aber immer erst dann wenn die vorherige Bestellungen serviert wird.

Liegt man dann endlich im Bett, kann man nie sicher davor sein von einem Aufschrei geweckt zu werden, oder viel schlimmer dem würgenden Geräusch beim Erbrechen auf das Kopfkissen neben einem…

Und trotzdem würden wir nicht tauschen wollen, es nicht anders machen. Wir wissen, dass es mit der Zeit besser wird. Die Herausforderungen werden bestehen bleiben, man freue sich auf die Pubertät, aber in der Hoffnung dass es zumindest nicht mehr körperlich so anstrengend ist.

Ob wir jetzt in Mexiko sind, oder in Deutschland wären, es würde nichts ändern. Von daher ist unser Leben im Moment ganz normal wie das in jeder Familie mit kleinen Kindern. Wir sind froh, dass wir uns entschieden haben an einem Ort zu bleiben wo wir die Infrastruktur kennen und wissen, dass die Umgebung soweit passt. In unserer jetzigen Phase mit dreimonate altem Baby gibt es nichts wichtigeres als langsam wieder aus dem Autopilot herauszukommen und etwas selbstbestimmter den Tagesablauf zu gestalten. Bis dahin überleben wir.

Herzliche und erschöpfte Grüße,
Eure Mirjam

Ich kann nicht genau sagen, wie ich es dann doch geschafft habe dieses Mandala zu häkeln… Größtenteils mit Baby auf dem Arm oder im Tragetuch. Soetwas zeigt mir dann, dass ich doch noch am Leben bin ☺️

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