Reisetag, was war das nochmal?

Reisetag, was war das nochmal?

Lange war es ruhig um uns und unsere Reise. Jetzt geht es wieder los! Nach 19 Monaten in Mexiko verlassen wir das Land und brechen Richtung Europa auf.

Unser insgesamt neunter Reisetag begann mit dem puren Chaos. Die Wohnung, die in der langen Zeit sehr intensiv bewohnt wurde, musste wieder in den Ursprungszustand versetzt werden. Um es kurz zu machen, das ist uns nicht bis ins letzte Detail gelungen. Zu viele Einzelheiten in zu kurzer Zeit, wir haben definitiv zu spät mit allem angefangen. Es war aber auch schwer, das richtige Timing im laufenden Familienbetrieb zu finden, denn wenn man zu früh anfängt nehmen die Kinder alles wieder auseinander oder machen bereits perfekt geputzte Stellen wieder dreckig.
Unter blanken Nerven haben wir also von morgens um 6 bis halb Vier am Nachmittag alles gepackt und haufenweise Müll aus der Wohnung getragen. Alle Möbel mussten wieder an den richtigen Platz und dabei wollten die Kinder praktisch ab 6 Uhr in der Früh ständig sofort abreisen. Mir ist in der Zwischenzeit einige Male die Hautschnur geplatzt und ich kann auf Momente zurückblicken auf die ich nicht sehr stolz bin. Generell hatte ich mich die letzten eineinhalb Jahre bereits panisch auf diesen einen Tag vorbereitet, immer in einer gewissen Anspannung dass das Sofa nicht mehr „nice“ ist, wie es mir bei der Besichtigung angepriesen wurde und natürlich auch alle anderen Gegenstände in Ordnung bleiben. Wir sollten tatsächlich versuchen in Unterkünften zu wohnen die nicht so „nice“ sind, damit der Anspruch nicht so ernorm hoch ist diesen Zustand halten zu müssen. In einer Hochglanzkatalogwohnung fühle ich mich sowieso nicht so wohl.
Dementsprechend sah ich an unserem Abreisetag alle meine Befürchtungen bestätigt und wurde auch entsprechend der selbsterfüllenden Prophezeihung mit einem entsetzten Blick der Maklerin belohnt, als sie die Wohnung betrat. „It’s not clean“ war ihr erster Kommentar und sofort griff sie zum Telefon und setzte sich mit der Besitzerin in Kontakt. In dem Zusammenhang zählte sie all mein Versagen auf und fand auch den letzten Krümel im letzten Eck. In dem Fall wäre es ein Segen gewesen, wenn ich kein Spanisch könnte, ich habe aber leider jedes Wort verstanden von dem was sie sagte. Dominik konnte das viel besser hinnehmen, er hat es tatsächlich nicht verstanden und ist ja aber auch von Natur aus gelassener. Ich habe ein sehr großes Problem damit, was die Leute über mich denken könnten, gerade im Bezug auf Dinge die sie eben auch etwas angehen, wie zum Beispiel die Wohnung oder auch die Lautstärke der Kinder für die Nachbarn.
Glücklicherweise waren wir bereits vorab mit der Besitzerin im Kontakt und hatten die Schäden bereits angegeben. Somit war auch unsere Strafzahlung schon verhandelt und wurde von der Maklerin so akzeptiert nachdem sie die Wohnung live gesehen hatte. Zu unserer Verteidigung muss ich noch sagen, dass wir angeboten hatten, dass rechtzeitig jemand vorbeikommen kann um sich in Ruhe alles anzusehen. So hätte man am letzten Tag nicht so einen Wind machen müssen, aber nun Gut wir haben es überstanden, ich lebe noch. Ca. 14000 Pesos haben wir bezahlt, etwa 700 Euro.

In dem Moment, als wir dann endlich von unserem Shuttle durch mytransfers abgeholt wurden und ich im Auto saß, fiel die Anspannung von mir ab und ich konnte mich auf die Reise freuen. Der ganze Stress hat aber auch den Abschied von der Wohnung und auch von Mexiko leichter gemacht.
Zwanzig Minuten später waren wir bereits am Flughafen und stellten uns an eine etwa 100km lange Schlange für den Check-in an. Bei der Fluggesellschaft Workd2fly kann man keinen Online Check-in machen, wenn man ein unter Zweijähriges Kind dabei hat. Glücklicherweise hat das gleichzeitig den Vorteil, dass wir direkt an den Anfang der Schlange gesetzt wurden, nachdem uns ein Flughafenmitarbeiter als Familie identifiziert hatte. Beim Check-in fehlte dann überall in unseren Pässen der sogenannte „Exit permit“ den man braucht wenn man eine Residencia Temporal besitzt und das Land verlassen möchte.

Dazu gibt es in der großen Eingangshalle einen Schalter der Immigration und dort holten wir uns diese hab. Beim Blick in den Pass unseres Babys fiel natürlich auf, dass er keine Residencia hat aber die Mitarbeiterin der Immigration störte das nicht nachdem ich ihr sagte er sei hier geboren.
Zurück am Check-in Schalter fiel nun wieder der fehlende Stempel im deutschen Pass des Babys auf und wir mussten mithilfe der mexikanischen Geburtsurkunde beweisen, dass er tatsächlich auch Mexikaner ist. Meine Befürchtung dass er nur mit einem mexikanischen Pass ausreisen kann löste sich dann auch in Wohlgefallen auf. Der andere Punkt bei dem ich mir im Vorfeld Sorgen gemacht hatte, war dass unser Gepäck zu umfangreich und schwer ist um als Handgepäck durchzugehen. Doch obwohl alles gewogen wurde (mein Horror, denn wir selbst hatten keine Ahnung was der Kram wog) erfüllten wir die Bedingungen scheinbar und durften unsere 7 Sachen mit ins Flugzeug nehmen: zwei Rucksäcke, zwei kleine Handgepäcktrolleys der beiden Mädchen, eine Windeltasche für das Baby, eine Laptop-Tasche und noch eine Tüte mit Essen. (10kg pro Person plus personal Item waren erlaubt, und eine Wickeltasche für das Baby was ja keinen eigenen Sitz hat)
Ich hatte standardmäßig das Baby vorne im Tragetuch, den einen Rucksack auf und mindestens noch etwas in der Hand. Jetzt am Anfang waren die Mädchen noch motiviert ihre Koffer selbst durch die Gegend zu schieben. An der Sicherheitskontrolle kamen wir auch ohne Auffälligkeiten durch, man lernt ja auch aus der Vergangenheit dazu. Selbst unsere Trinkflasche mit Wasser wurde einfach durchgewunken was ein Segen war, denn am Flughafen in Cancún gibt es keine Auffüllstationen. Im Gegenteil, man kann sich ungefähr für sechs Euro einen Liter Wasser kaufen.

An einem schönen Platz an Gate mit Aussicht auf Start- und Landebahn machten wir dann unsere erste Pause. Vorfreude und Erleichterung waren vorherrschend. Nach einiger Zeit hatte unsere Mittlere dann genug von dem Platz und musste rennend den Flughafen erkunden. Erstaunlicherweise ging sie nicht verloren obwohl sie sich große Mühe gab.

Beim Boarding durften wir als Familie wieder als erstes einsteigen und fanden unsere Plätze im Flugzeug. Wir hatten drei Plätze am Fenster und noch einen einzelnen Sitz direkt davor, wo ich mit dem Baby saß. Der Flug nach Madrid war erstaunlich gut und mit etwas mehr als 8 Stunden kürzer als befürchtet. Wir starteten um kurz vor Acht Uhr Abends und hatten einen Nachtflug. Die Kinder schliefen die meiste Zeit, wir Eltern schafften es leider beide nicht wirklich. Ich hatte mit dem Baby auf dem Arm keine Möglichkeit eine gute Position zu finden und habe nur eine halbe Stunde geschlafen.

Wir erreichten Madrid dann Mittags und mussten dort zu unserem Flug nach Barcelona umsteigen. Wir hatten eigentlich genug Zeit, aber der ganze Transit dauerte fast zwei Stunden, sodass wir wieder erstaunlich schnell und als erste das nächste Flugzeug betreten durfen. Die Maschine von AirEurpoa war etwas mehr in die Jahre gekommen, aber bei einer Flugzeit von 50 Minuten war das zu verlachlässigen. Die Kinder taten uns den Gefallen und schliefen durch, die schreienden Babys waren diesmal nicht unsere, obwohl wir das eigentlich auch sonst kaum hatten.

In Barcelona angekommen galt es die Busstation zu finden, da noch ca. 2 Stunden Busfahrt bis zu unserem Zielort an der Costa Brava vor uns lagen. Unsere große Tochter hatte schon vor einigen Stunden angekündigt dass sie nicht Bus fahren möchte, ihr wird dort immer schlecht. Zu dem Zeitpunkt waren wir bereits 17 Stunden unterwegs, wir Erwachsenen waren seit 27 Stunden wach. Trotzdem war die Stimmung erstaunlich gut. Eine kurze Schwankung der Macht, als der Fahrkartenautomat nicht kooperieren wollte, aber dann war auch diese Hürde gemeistert. An der Bushaltestelle wehte ein kalter Wind, spätestens jetzt waren alle warmen Klamotten angezogen, die wir für den Fall dabei hatten. Es sind definitiv nicht genug, wir müssen uns erstmal ausstatten hier im kalten Europa.

Für uns verwöhnte Mexikaner fühlt sich das natürlich viel kälter an, als wie wenn man aus Deutschland hier herunterfährt.

Die Busfahrt war dann noch mal ein Kapitel für sich. Eine Stunde quälte sich der Bus durch Barcelona, andererseits haben wir jetzt diese Stadt ausführlich betrachten können. Dann ging es nochmal eine Stunde über die Autobahn und anschließend kurvten wir durch zahlreiche Dörfer. In der Zwischenzeit hatte es zu regnen angefangen und es wurde dunkel. Perfekte Voraussetzungen um zu erkennen wo man aussteigen muss. Gegen Ende der Fahrt lagen alle Nerven blank. Das Baby schrie, die Große musste sich zum ersten Mal des gesamten Reisetages übergeben (das lief diesmal insgesamt erstaunlich gut und ich war darauf entsprechend vorbereitet), wir Eltern wären am liebsten eingepennt und es war einfach nur genug.

Endlich in unserem Zielort angekommen machten wir uns dann zu Fuß auf, um das Haus unseres Bekannten zu finden. Glücklicherweise hatte es aufgehört zu regnen und so zogen wir unsere Koffer durch den Ort. Die Mädchen liefen großartigerweise die ganze Strecke selbst und wir waren sehr erleichtert als wir an dem Haus ankamen und der Schlüssel wie vereinbart unter der Fußmatte (!) lag. Der Schlüssel war dort zwei Tage zuvor von einem Bekannten unseres Bekannten hinterlegt worden, der ausgerechnet jetzt nicht dort sein konnte um ihn uns persönlich zu übergeben. Es hätte auch am Ende diesen furchtbar langen Tages noch die eine oder andere Überraschung geben können (was ich natürlich befürchtet hatte) aber im großen und ganzen fanden wir ein bewohnbares Haus vor.
Um circa 23 Uhr sind wir dann endlich schlafen gegangen. Mit 24 Stunden Reisezeit, 34 Stunden wach war das der längste Reisetag bisher. Wenn ich jetzt am nächsten Morgen darauf zurück blicke, war es aber gar nicht so schlimm. Wir müssen uns jetzt erstmal zurecht finden und mit dem Jetlag klarkommen.

Liebe Grüße aus Spanien,
Eure Mirjam

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