Fazit Spanien, Platja d‘ Aro

Fazit Spanien, Platja d‘ Aro

Morgen ist wieder ein Reisetag, und wo ich schon mal wach bin und nicht schlafen kann, schreibe ich ein paar Schlussgedanken zu verschiedenen Stichpunkten auf.

Zuerst war mein Eindruck von dem Ort hier ja eher gemischt, und ich dachte dass wir nicht hier herpassen. In den letzten zwei Monaten hat sich dieses Gefühl aber geändert und wir haben uns durchaus willkommen gefühlt.
Unsere direkte Nachbarschaft ist überwiegend freundlich und wohlwollend. Meistens handelt es sich um ältere Menschen, die ich aufgrund ihres starken Dialekts nur mit Mühe verstehen kann. Aber wir haben einige Komplimente bekommen, und neugierige Fragen zu unserem Lebenstil. Ich denke es kann auch nicht schaden, wenn man im immer gleichen Alltag ein paar Denkanstöße bekommt, weil sich manche Mitmenschen nicht an alle Normen halten. Dass wir Barfuß durch die Straßen wandern fällt schnell auf und erst heute sagte mir eine Nachbarin, dass wir halt Hippi sind. Damit kann ich leben, solange es eine Schublade gibt die benutzt werden kann, sind ja auch alle gewissermaßen beruhigt.
Es gibt auch einen Nachbar, der hat keinen Blick und keinen Gruß übrig, er fährt auch mit seinem Auto demonstrativ schnell in unserer Straße, die in einer Sackgasse endet. Ich weiß nicht was er hat, jedenfalls hat er selbst Kinder, aber das lässt ihn nicht rücksichtsvoll erscheinen. Bei unseren Kindern ist er als „das Raseauto“ bekannt und da müssen sie besonders aufpassen.
Eine andere Nachbarin, ich nenne sie Abuela, ist sehr fürsorglich. Gleich zu Anfang hat sie uns ein Laufrad/Motorad gebracht, das unsere Mittlere gleich für sich beanspruchte. Später kam sie mit einer Tüte Kinderkleidung von ihrer Enkelin, ein paar Sachen haben wir tatsächlich benutzt, vor allem ein rosa Einhornanzug, der es unserer Großen angetan hatte.
Vor ein paar Tagen wurde es mir dann doch ein bisschen zu bunt, da kam sie an unsere Gartentür, ließ sich selbst herein und bedeutete mir ihr in meine Küche zu folgen (die direkt rechts neben der Haustür liegt). Dann packt sie aus ihrer Tasche haufenweise Obst, Kartoffeln, Eier und Muffins. Alles für uns, einfach so. Ich fragte sie warum, sie sagte sie möchte auch etwas beitragen. So habe ich es zumindest verstanden. Ich war total sprachlos und wusste gar nicht wie ich das hätte abwehren sollen. Zuerst dachte ich, sie denkt wir haben kein Geld für Essen, weil wir uns ja scheinbar auch keine Schuhe leisten können, aber mittlerweile habe ich mich noch ein paar mal mit ihr unterhalten und ich glaube sie wollte einfach nur ein bisschen für uns da sein. In dem Moment fand ich es übergriffig, vor allem weil mir die spanischen Worte fehlten, um auch mich selbst zu erklären, jetzt macht es mir schon nichts mehr aus, ich freue mich eher an der Anteilnahme.
Trotzdem freuen wir uns auch, dass es morgen wieder losgeht, dann kann soetwas auch nicht ausarten. Naja im Falle einer langen Nachbarschaft müsste man da natürlich in den Dialog gehen und würde sicherlich auch daran wachsen.
Abuelas Mann, Abuelo sozusagen, hatte auch schon seine verzweifelten Momente mit uns, als er Dominik dazu aufforderte in seinem Garten von dem Ciruella-Baum zu pflücken (ein gelbes Steinobst), denn er selbst kann es nicht mehr. Dominik hat jedenfalls nichts so gemacht, wie er sich das vorgestellt hat, von der Art die Leiter aufzustellen bis zum falschen Platz, und aufgrund der Sprachbarriere konnte er den Jungen nicht ordentlich einweisen. Am Ende hatten wir dann aber eine Tüte Obst und der Abuelo war einigermaßen zufrieden.

Seit langem lebten wir als Familie mal wieder in einem Haus. An das Treppensteigen haben wir uns relativ schnell gewöhnt, die Fitnesseinheit hat uns bestimmt auch nicht geschadet. Jeder der Kinder und ein Haus hat weiß allerdings, dass man die Treppen ja nicht nur zu den sinnvollen Anlässen beschreitet, sondern ständig am rennen ist, weil jemand etwas braucht, vergessen hat oder ihm auf dem Klo assistiert werden muss.

Die Mädchen sind auch beide ein Teilstück schon gefallen, zum Glück ohne schwere Folgen, und unser Kleinster übt sich am Erklimmen der Stufen und dem Ausfeilen der Herabsteigetechnik. Eine Bananenkiste am Fußende reicht als psychologische Grenze aus, sodass er nicht auf eigene Faust den Aufstieg wagen kann.
Der Game changer im Familienalltag ist natürlich der eigene Garten. Egal wie klein der Außenbereich ist, solange man dort irgendwie verweilen kann entzerrt sich alles ganz wunderbar. Bei einem Hektar Grundstück hätte man zwar mehr Abstand und Privatsphäre zu den Nachbarn, aber vor der Pflege desgleichen habe ich großen Respekt. Hier kamen ja schon ohne Unterlass die Piniennadeln heruntergesegelt und es war praktisch unmöglich einen gefegten Weg zu haben. Aber mit ein bisschen Entspannung macht man das eben nicht jeden Tag und es ist auch in Ordnung.

In meinem letzten Bericht habe ich völlig unterschlagen, dass wir zwei Geburtstage gefeiert haben. Die beiden jüngsten Familienmitglieder haben innerhalb von zwei Wochen den Dritten und dann den Ersten Geburtstag. Beide Ehrentage wurden traditionell mit Kuchen zum Frühstück gefeiert. Seifenblasen, Luftballons und eine bunte Girlande machten eine Party daraus. Geschenkt gibt es bei uns eine Sache, hier waren es in beiden Fällen Autos.

Um nochmal auf das Thema Fazit zu kommen, es hat uns insgesamt gut gefallen hier in Platja d’Aro. Der Strand hat schöne Stellen, das Meer wurde pünktlich zur Hauptsaison angenehm warm zum baden. Es gibt viele Spielplätze in der Stadt, die in einem sehr guten Zustand sind. Allerdings sind die eher etwas für die Nebensaison, da einem dann die Sonne noch nicht so viel ausmacht und nicht alles glüht.
Von den Einkaufsmöglichkeiten waren wir hier gut bedient, alle paar Tage sind wir zum Carrefour gelaufen und haben uns dort mit allem möglichen versorgt. Im Supermarkt zieht die gesamte Familie vorbildlich ihre Schuhe an, ansonsten wird man dort ja gar nicht reingelassen. Das ist in allen Ländern bisher so gewesen, aber da passen wir uns natürlich an, ist ja klar.
Als Barfußläufer haben wir natürlich immer ein Auge auf mögliche herumliegende Gefahren, und ich muss sagen dass es hier sehr sauber ist. Glasscherben liegen selten herum, obwohl es sich auch um einen Ort mit hohem Partyaufkommen handelt. Natürlich machen sich viele Leute Sorgen um uns wenn sie uns sehen, aber das bringt uns nicht davon ab. Schuhgeschäfte haben bei mir immer schon den Fluchtinstinkt ausgelöst und so ist es auch nur konsequent, die wenigen Schuhe die ich besitze so wenig wie möglich zu benutzen, damit ich dort nur selten hinmuss.

Wo ich schon dabei bin vom Thema abzuweichen, kann ich noch eine Anektdote erzählen… Vor drei Wochen hatten wir vormittags plötzlich das Gefühl, dass der Wasserdruck sinkt. Leicht beunruhigt füllten wir alle Flaschen die wir hatten auf, und gleich darauf kam auch kein einziger Tropfen Wasser mehr aus der Wand. Eine kurze Nachfrage beim Nachbarhaus brachte dann Beruhigung, zumindest teilweise. Bei ihnen lief noch alles, das heißt nur unser Haus war betroffen. Eine Stadt- oder gar Landesweite Dürre wäre wesentlich fataler gewesen. Der Nachbar kam mit dem Schraubenzieher und tatsächlich war an der Wasseruhr unseres Hauses eine Plombe mit einem Schild „abgedreht wegen unbezahlter Rechnung“. Ohje, das fehlte ja noch. Ein Telefonat mit dem Besitzer brachte keine Erklärung, er habe alles bezahlt. Somit blieb uns nur übrig zu der Geschäftsstelle des Wasserunternehmens zu gehen und Licht ins Dunkle zu bringen. Bis wir bei der Erkenntnis ankamen war leider schon Ladenschluss und wir hatten bis zum nächsten Vormittag kein Wasser. Es ist schon eine harte Erfahrung wie abhängig wir von diesem Gut sind. Am meisten Probleme und das sofort macht einem die Toilette. Ich habe das Gefühl, dass wir uns als Gesellschaft damit auf einem sehr schmalen Grat bewegen.

Zwei Straßen weiter gab es einen öffentlichen Wasserhahn und dort haben wir uns dann erstmal versorgt. Zur Not hätte man auch bei den Nachbarn etwas abzapfen können. Zum trinken hatten wir genug im Haus gehabt und die Dusche war von der Priorität eher an letzter Stelle.
Am nächsten Tag gingen wir dann zu dem Geschäft und dort sagte man uns, dass drei Rechnungen von vor über einem Jahr offen seien. Die Mahnungen seien nach Holland gegangen. Wir beglichen den Betrag sofort, denn was blieb uns anderes übrig. Als wir heimkamen war das Auto mit den Wasserarbeitern schon am Haus und hat das Wasser wieder aufgemacht. Was für eine Erleichterung!
Ich muss zugeben, wenn es drauf ankommt kann ich mit meinen Spanisch-Kenntnissen punkten. Die Dame in dem Laden war sehr freundlich und hat auch deutlich gesprochen und plötzlich war auch mein Spanisch viel besser. Mein Problem ist, dass wir ständig von Menschen mit starkem Dialekt umgeben sind. Auf Teneriffa, in Mexiko und jetzt hier an der Costa Brava mit dem katalanischen castillano.

Morgen geht eine lange Zeit in spanischsprachigem Gebiet zu Ende und wir werden mindestens ein Jahr von anderen Sprachen umgeben sein. Vorraussichtlich werden es jetzt erstmal Deutsch, dann Türkisch und anschließend Arabisch sein. Da fange ich dann wieder bei Null an. Vielleicht kommen wir ja mal in ein Land wo ich mein gutes altes Englisch benutzen kann, das würde mich sehr freuen.

So, jetzt ist es genau Null Uhr und in spätestens sechs Stunden werde ich von meinem Kleinstem geweckt, höchste Zeit schlafen zu gehen!

Alles Liebe,
Eure Mirjam

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