Zu Fuß unterwegs
Bevor wir hier auf Lipari gelandet sind hatte ich die leicht naive Vorstellung, dass es auf einer solch kleinen Insel mit recht wenigen Einwohnern vielleicht nicht allzuviel Verkehr gibt. Wenn man die Insel umrunden möchte muss man lediglich ca. 20 km zurück legen. Klar, diese Distanz will man nicht laufen wenn man keine Wanderung macht und es geht auch einiges an bergauf und bergab. Aber wer fährt da schon täglich im Kreis herum? Die meisten Menschen bleiben in ihrem Ort und selbst wenn man zur Arbeit woanders hin muss, viel mehr als 10km kann es nicht entfernt sein. Dachte ich…
Als wir ankamen sind mir als erstes die vielen Autos aufgefallen. Jeder Straßenrand in den Ortschaften ist zugeparkt, man fühlt sich als ehemaliger Bewohner des Wiesbadener Westends an zu Hause erinnert. Die meisten Autos sind klein, somit ist zumindest für viele Autos Platz. Ich habe nicht das Gefühl, dass hier der TÜV ein großes Mitspracherecht hat, einige Exemplare sind schon über das Verfallsdatum hinaus. Aber darum geht es nicht, Hauptsache man besitzt überhaupt eines! Wenn sich also Autos und Mofas in einem Affenzahn durch die Gassen bewegen hat man auch von der guten Luft her das Gefühl im Westend zu sein. Zum Glück müssen wir von unserem Haus aus nur zwei Straßen überqueren (ganz altmodisch zu Fuß) und sind dann schon am Meer. Hier genießen wir dann das Wellenrauschen.
Außerdem ist ein kleiner Supermarkt in unmittelbarer Nähe und auch den örtlichen Spielplatz können wir sehr gut zu Fuß erreichen. Ich wusste das vorher nicht, aber ein Italiener wird wenn möglich sein Auto benutzen oder zumindest die Vespa, laufen ist nicht so angesagt. In unserem Ort ist das Müllsystem so geregelt, dass es auf der Hauptstraße in regelmäßigen Abständen große Mülltonnen gibt, wo man den kompletten Hausmüll, schön getrennt, einwerfen muss. Dazu ist natürlich auch so ein Auto hilfreich, wie soll das sonst auch gehen, hier ist alles wunderbar in ganz viel Verpackungsmaterial eingewickelt, das kann ja kein Mensch dahin tragen so ganz alleine.
Naja, die Gassen zu erkunden die abseits von der großen Uferstraße am Strand liegen macht demnach nicht so viel Spaß, da die Straßen nicht sehr breit sind, es keinen Gehweg gibt und somit der Platz entweder mit parkenden oder fahrenden/rasenden Fahrzeugen belegt ist. Ein Fußgänger kann sich dann von einer Lücke zur nächsten kämpfen um vorwärts zu kommen. Mit dem Auto ist man hier klar im Vorteil, also warum sollte man es stehen lassen und sich in Gefahr begeben, das ist durchaus verständlich.
Unten am Strand gibt es aber trotzdem Menschen die umherlaufen, daher fallen wir nicht komplett aus dem Rahmen mit unserem autofreien Lebensstil und hier halten wir uns hauptsächlich auf wenn wir draußen unterwegs sind.
Gestern haben wir es dann mal gewagt einen Ausflug in die größte Stadt auf der Insel zu machen, dorthin wo wir auch mit dem Schiff angekommen sind. Einen Fußgängerweg gibt es nicht direkt, man läuft auf der Straße, wo sonst. Es gibt tatsächlich auch keinen Gehweg, also ist hier der Straßenrand gefragt. Zu unserem unglaublichen Glück gab es genau jetzt eine Baustelle auf dem Weg, und der Verkehr wurde komplett umgeleitet. Wir konnten also gemütlich in der Straßenmitte laufen und ab und zu kam mal ein Mofa vorbei.
Ich habe es noch nicht ganz verstanden warum, aber immer wenn wir eine längere Strecke zurücklegen und schwer bepackt sind (jeder ein Kind im Tragetuch zählt hier schon dazu) schafft es die Sonne auch bei vielen Wolken immer genau auf uns zu scheinen wenn es am anstrengendsten ist. Ich beschwere mich nicht, es fällt mir nur auf! So konnte ich mich auch darüber freuen, dass ich meinen Pulli zu Hause vergessen hatte.
Eine Runde durch die schöne Fußgängerzone der Hauptstadt Lipari und ein bisschen verweilen am Hafen wo man Schiffe beobachten konnte und dann wieder den Heimweg angetreten. Irgendwie ist es nichts für uns, wir bleiben lieber in der Nähe unseres Hauses und kommen mit dem Bekannten um uns herum zurecht. Aber für das Auge war es eine schöne Abwechslung.
PS: zum Thema Maskenpflicht haben wir scheinbar genau die richtige Entscheidung mit der Insel gemacht. Es hat sich nichts geändert, wir und fast alle Inselbewohner trauen sich unmaskiert aus dem Haus. Man versucht grundsätzlich einen großen Bogen umeinander zu machen um keine fahrlässige Gefährdung aufkommen zu lassen. Scheinbar reicht das den Autoritäten aus, eingegriffen wurde noch nicht. Auf dem Spielplatz hatten wir letzte Woche eine doch recht lustige Situation, in der einige Familien dort ungezwungen mit den Kindern spielten. Das Polizeiauto auf Streife wurde gesichtet, alle Hände gingen zu den Taschen oder an die Maske unter dem Kinn. Alle halten inne und beobachten das Fahrzeug, es fährt vorbei, man entspannt sich. Gut, damit können wir leben, ununterbrochen die Maske im Freien zu tragen, damit eher nicht. Wenn es so sein muss, dann werde ich freiwillig Kellerkind… Bis dahin genießen wir die Freiheit.

